
MEINE PHILOSOPHIE
Ich kann mir mein Leben ohne Kochen nicht vorstellen. Was wäre aus mir geworden? Ein Elektrotechniker? Ein Jurist? Wo hätte mich das Leben hin geführt? Diese Fragen stelle ich mir oft, wenn ich in der Küche stehe und meine Vorbereitungen treffe. Witzigerweise komme ich am Ende des Tages, an dem ich für Gäste kochen durfte, immer wieder zu dem selben Schluss: Ich wäre eine verlorene Seele. Ich würde wohl von Job zu Job pendeln, auf der Suche nach dem Richtigen in meinem Leben und wäre nicht glücklich.
Man stelle sich ein Leben vor ohne Geschmack, Aromen und Texturen; ohne Überraschungen und Schönheit. So würde es mir gehen – ohne die Möglichkeit, mit Lebensmitteln zu arbeiten. Als Koch ist man immer der Schüler. Es gibt einfach so viel zu lernen. Wenn man Fleiß und Arbeit in das Kochen steckt, ist eine Belohnung garantiert: Ein zufriedener Gast.
Als Koch ist man auf sich selbst angewiesen. Der eigene Wissensdurst, sich selbst jeden Tag auf’s Neue herauszufordern und Neues zu lernen, treibt einen an und lässt einen Tag für Tag besser werden.
Ich habe mal gelesen: Wenn man einen Beruf findet, den man liebt, muss man keinen Tag mehr arbeiten. Ich denke, da ist was dran. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich einen Beruf gefunden habe, der mich mein Leben im Einklang und in Ausgewogenheit mit meinem Handwerk leben lässt.
Wenn man eine Karriere als Koch anstrebt, muss man irgendwann seine eigene Sprache finden. Man muss seinen eigenen Weg finden, sich einen Stil angewöhnen und – vielmehr noch – eine Philosophie des Essens entwickeln, welche die eigenen Gedanken und Ideen widerspiegelt. Kleine Produzenten aus der Region, nachhaltige Fischerei und Tierhaltung und kleine biologische Gemüsebauern bilden das Rückgrat meiner Küche.
Durch die Liebe zum Kochen und zu den Produkten der Natur bin ich vor einigen Jahren auf die Bienen aufmerksam geworden. Was als kleine Idee begann, ist nun zu einem wichtigen Teilbereich des ganzen Betriebes geworden: Unsere biologisch zertifizierte Imkerei. Ich habe knapp 30 Jahre alt werden müssen, um zu verstehen oder besser um zu sehen (!), was Bienen machen. Wann blüht ein Kirschbaum? Wann ein Apfel? Wie entsteht Waldhonig? Ich muss blind gewesen sein. Ich habe 30 Jahre die Schönheit der Natur nicht gesehen. Das Blühen der Kirschbäume im Frühjahr, der Duft der Akazie im Mai und die klebrigen Tropfen unter einer Linde im Juni. Unglaublich. Und das Summen und Brummen von unzähligen Bienen, die den Nektar und die Pollen nach Hause bringen, damit wir den Honig ernten dürfen.


Im Laufe einer Ausbildung zum Koch lernt man unzählige Zutaten und Techniken kennen. Man möchte zeigen, was man alles gelernt hat. Ein wenig angeben – möchte man doch beim Gast einen Eindruck von Exklusivität erwecken. Je länger man den Beruf ausübt, desto mehr kommt man dann zur Einsicht, dass weniger mehr sein kann. Doch, je weniger Zutaten am Teller, desto phänomenaler müssen diese sein. Als Koch hat man dann weniger die Möglichkeit zu zeigen, welche Techniken man gelernt hat, man muss die Zutat, das Lebensmittel, in den Vordergrund stellen. Und so habe ich die Liebe zum Brot entdeckt. Drei Zutaten, welche die Welt seit jeher begeistern: Mehl, Wasser, Salz. Deshalb wird über eine lange Teigführung das Brot bei uns auf Gut Mariendol selbst gebacken und spielt am Tisch eine wichtige Rolle, wenn nicht sogar die wichtigste.
Ein weiteres großartiges Beispiel von Einfachheit und trotzdem Grandiosität ist das Ei. Die Bandbreite der Einsatzmöglichkeit erscheint unermesslich. Vom klassischen Frühstücksei hin zu süßen Backwaren, in Saucen und vor allem auch in unserer handgefertigten Teigware – unsere Pasta. Schon vor Jahren war es uns wichtig, eigene Hühner zu haben und zu wissen wie sie aufwachsen und leben. Ein schönes Gefühl, in den Stall zu gehen und frische Eier abzunehmen. Ein Gefühl, das mich auch an meine Kindheit erinnern lässt.
Ich habe mich dazu entschieden, in unserem kleinen Restaurant genau ein sorgfältig zusammengestelltes Menü anzubieten. Ein Menü ist jedoch mehr als nur ein Stück Papier; es ist eine Geschichte über den Koch, darüber, was der Gast empfinden soll; ein Ausdruck meiner Gedanken, mein Verständnis über Essen. Da gibt es dann nichts zu verstecken. Ich bin der Mensch der ich bin. Er steht auf dem Menü in schwarz und weiß – als Ausdruck dessen, wie ich mein Menü schreibe, welche Kompositionen ich verwende und wie ich meine Gerichte gestalte.
Ich hoffe, Sie fühlen sich wohl bei uns!
Ihr Philipp Kroboth